Kinematographischer Salon

Der „KINEMATOGRAPHISCHE SALON“ ist eher eine Sammlung von Lehrveranstaltungen als eine Reihe.
Die einzelnen zweistündigen Seminare bauen nicht aufeinander auf, sondern behandeln jeweils einen ganz eigenen Gegenstand.
Dabei kann es sich um ein klassisches Requisit handeln (z.B. „die Zigarette im Film“), um ein filmkünstlerisches Gestaltungsmittel (z.B. „Farben im Film“) oder auch um dramaturgische Unvermeidbarkeiten (z.B. „Filmanfänge“).
Innerhalb des jeweiligen Seminars untersuchen die Teilnehmer anhand von Filmausschnitten und im Rahmen kleiner Übungen und Aufgaben, wie unterschiedliche Filmemacher zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Genres mit welchen unterschiedlichen Absichten und Wirkungen die Zigarette eingesetzt, Farben verwendet oder den Anfang ihres Films gestaltet haben.

Die Salons wenden sich entschieden nicht an Interessierte mit einem bestimmten Maß an Vorwissen oder Filmanalyse-Erfahrung: In ein und derselben Veranstaltung können sich dem neugierigen Laien plötzlich kleine Welten aufschließen („immer gesehen, niemals bemerkt“), während der neben ihm sitzende Regisseur zu der Lösung eines Problems inspiriert wird, das er gerade mit seinem vierten Film hat.

BISHERIGE SALONS:

SPIEGEL SALON

„Wer ist die schönste Pforte zum Paralleluniversum im ganzen Land?“
oder:
Was man im Film mit Spiegeln alles anfangen kann

In meinem diesem Berliner Kinematographischen Salon beschäftigten wir uns mit einem besonders trickreichen, poetischen, plakativen und subtilen Filmrequisit – mal so, mal so…

Im Alltag sind Spiegel, seien wir mal ehrlich, nicht gerade die aufregendsten aller Scheiben – nützlich beim Zurücksetzen, wenn man wissen will, ob da irgendwelche Mülltonnen im Weg stehen und im Bad hilfreich beim Ziehen von Präzisionsscheiteln und dergleichen.

Für den Filmemacher hingegen ist jeder Spiegel im Grunde ein Zauberspiegel: Eine Figur vor einem Spiegel verdoppelt sich, steht sich selbst gegenüber, bewertet oder kommentiert sich oder ihre Situation, mit einem Augenbrauenzucken oder mit Worten, die nicht mehr Monolog, noch nicht Dialog sind; Momente der Wahrheit und Erkenntnis? Eitle Trugbilder? Man weiß nie.

Wenn es clever gemacht ist, verwandelt sich die Figur in eine ganz andere oder wird in eine andere Wirklichkeit hineingespiegelt, vielleicht in eine fremde Dimension, vielleicht nur in eine leicht gebrochene Variante unserer alten Standardwelt.

Das haben wir anhand einiger Beispiele reflektiert.

ALKOHOL SALON

„Glas oder Flasche?“
oder:
Was Alkohol im Film anrichten kann

Auch wenn das gelegentlich anders dargestellt wird: Alkohol IST die Lösung!
Jedenfalls oft.
Jedenfalls beim Film.
Jedenfalls dann, wenn es darum geht, eine Figur effektiv mit unmittelbar einleuchtenden Bildern als ausgelassen, entspannt, nervös, verzweifelt oder völlig am Ende darzustellen, als spießig oder exzentrisch, als hartgesotten oder verweichlicht oder auch schlicht als reich oder arm. Selbst einen asketischen, puritanischen Abstinenzler kann man im Nu mit Alkohol herstellen.
Man braucht die betreffende Figur lediglich mit genau dem richtigen Drink in genau der richtigen Darreichungsform zu versorgen und sie dann genau das Richtige damit machen zu lassen.

Wir genehmigten uns einige Beispiele für dies und mehr in unserem 12. Kinematographischen Salon.

TRAUM, RAUSCH UND WAHN SALON

„Von weißen Mäusen und rosa Elefanten“
oder:
Wie Traum, Rausch und Wahn im Film aussehen

Kräftige Filmfiguren brauchen ein ordentliches Maß an Stabilität: Ein Held, der mal souverän die Sachlage beherrscht, mal hilflos von den Ereignissen vor sich hergetrieben wird, kann nicht so richtig überzeugen.

Andererseits verkommen Figuren, die IMMER NUR das sind, was sie IN ERSTER LINIE sind, schnell zu langweiligen „Typen“ mit der Charaktertiefe eines Abziehbildchens.

Ein schöner Weg, einer kräftigen Figur eine zusätzliche, unerwartete, brechende Dimension zu geben, besteht darin, sie zwischendurch ein bisschen zu vergiften – mit Alkohol oder anderen Drogen – oder sie sonst wie ins Reich der Träume zu schicken.

Außerdem laden Rausch, Traum und Vision (als Drehbuch-Element) die Filmemacher dazu ein, in einen Film mit einer stimmigen, einheitlichen Ästhetik noch einen zweiten – ganz fremden und doch unmittelbar plausiblen – Look hineinzuspielen.

Wir näherten uns nüchtern einigen schrägen, verstörenden, abgefahrenen Beispielen.

AUF SEE SALON

„Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise“
oder:
Was es bedeutet, wenn der Film aufs Wasser geht

Im zehnten Berliner Kinematographischen Salon guckten wir raus aufs Wasser, schauten uns die Schiffe an und gingen der Frage nach, was all die Leute – Hagel und Granaten! – da verloren haben.
Nach einer arglosen Schnellsortierung gehört der Mensch doch eigentlich aufs Land, nicht aufs Wasser. Aufs Wasser musste er sich erst trauen. Und wenn ein wettergegerbter alter Bilderbuch-Seemann sich nur auf See so richtig zu Hause fühlt, dann bedeutet das romantischerweise immer auch, dass er sich nur im „Sich-nicht-zu-Hause-Fühlen“ so richtig zu Hause fühlt – und schon ist die Voraussetzung für eine klassische Abenteuer-Figur geschaffen.
Wenn Filme auf Booten, Schiffen oder Fähren spielen, sind oft noch leise Echowellen von der Idee zu spüren, dass der Mensch einen guten Grund braucht, aufs Wasser zu gehen – und zwar einen anderen als den, auf dem er normalerweise herumläuft: Ist er auf der Flucht, auf der Suche, auf der Jagd? Ist er von seinen Leuten rausgeworfen worden und lebt nun im Exil auf fremdem Element?

ESSEN UND TRINKEN SALON

„Prost Mahlzeit!“
oder:
Was man mit Essen und Trinken alles erzählen kann

Im Film wird aus den verschiedensten Gründen gegessen und getrunken, aber nie, weil jemand gerade Hunger oder Durst hat: Die Schauspieler werden vom Catering in den Pausen versorgt, und die Figuren sind Phantasiegestalten.
Diese essen und trinken ganz bestimmte Sachen auf ganz bestimmte Art und Weise, weil die Filmemacher damit ganz bestimmte Zwecke verfolgen – wichtige Elemente ihrer Geschichte darstellen, Figuren charakterisieren, Stimmungen schaffen…

Von der festlichen Kaffeetafel bis zu Khlav Kalash am Stiel nahmen wir uns an diesem Abend einige Beispiele vor.

SUSPENSE UND SUPRISE SALON

„Suspense und Surprise“
oder:
Kann man eigentlich gleichzeitig zittern und kreischen?

Es geht dabei um folgendes: Wir sind in einem verschneiten Dorf in einem Alpental. Die Leute erleben dies und das, liebenswerte Menschen kommen zu Besuch, miese und gefährliche Ekelpakete fahren weg, die liebenswerten Menschen reisen wieder ab, die Ekelpakete kehren zurück, und am Ende begräbt eine Lawine das halbe Dorf unter sich.
Kommt sie für die Zuschauer überraschend, verschafft sie dem Publikum vielleicht zwei oder drei intensive Minuten.
Wenn aber während des Films immer wieder gezeigt wird, wie die Schneemassen über dem Dorf immer instabiler werden (und womöglich ein kauziger Außenseiter versucht, die Menschen zu warnen, aber nicht ernst genommen wird), sorgt dieselbe Lawine locker für neunzig intensive Minuten.
Zu den Möglichkeiten der Filmemacher, Spannung zu erzeugen und uns zu erschrecken, wollen wir uns verschiedene Beispiele ansehen.

DIE EBENE SALON

„So weit das Auge reicht…“
oder:
Über die dramaturgische Wucht des Geländes

Spätestens dann, wenn in der Szenenüberschrift das Wort „AUSSEN“ auftaucht, kommt die spannende Frage nach der passenden, angemessenen, richtigen Landschaft ins Spiel.
Beispiel gefällig?
Der Schurke will dem Helden ans Leder. Greift er ihn auf freiem Feld an, so sieht der Held den Schurken schon von weitem kommen, ist also vor Überraschungsangriffen sicher. Allerdings kann er sich hier auch nirgends verstecken.
Ist der Held im Wald unterwegs, findet er hinter jedem Baum Deckung. Aber der Schurke kann seinerseits auch hinter jedem Baum im Hinterhalt liegen.
So bewirkt unterschiedliches Gelände fast schon von selbst unterschiedliche Dramaturgie.
Wir konzentrierten uns erst mal darauf, was die Ebene so alles leisten kann – ein Abend nicht nur für Norddeutsche.

RAUCHER SALON

„War rauchen früher gesünder?“
oder:
Die Geschichte der Zigarette als Filmrequisit

Manche sind parfümiert und werden aus einem eleganten silbernen Etui angeboten, manche werden von schwieliger Goldsucherhand am Lagerfeuer gedreht, manche werden auf einer leeren Bierdose ausgedrückt – die Zigarette als Requisit kann viel erzählen und hatte im Laufe der Filmgeschichte schon unzählige Aufgaben. Wir schauten uns das an Hand verschiedener Ausschnitte näher an.

Aus feuerpolizeilichen Gründen blieb das Rauchverbot in der Filmakademie auch an diesem Abend in Kraft.

WETTER SALON

„I’m Singing in the Rain“
oder:
Wetter ist kein Zufall

Donnergrollen während einer realen Hochzeit bedeutet lediglich, dass es irgendwo gewittert. Donnergrollen während einer Hochzeit im Film bedeutet… nun ja, mit Sicherheit mehr. Der Einfluss von Wetter auf die Dramaturgie – besser gesagt umgekehrt – wurde an exemplarischen Filmszenen dargestellt und von uns gemeinsam analysiert.

FARBEN SALON

„In schwarzweiß sind nicht nur nachts alle Katzen grau.“
oder:
Was Farben im Film alles erzählen können

Wie verändert sich die Wirkung einer Filmszene, wenn man die Farbe herausnimmt? Wären die Meisterwerke unter den Schwarzweiß-Filmen noch besser, wenn man sie in Farbe gedreht hätte? Farbdramaturgie und Schwarzweiß-Kontraste wurden an diesem Abend an unterschiedlichen Filmbeispielen beleuchtet.

REMAKES SALON

„Louis de Funès wird zu Sylvester Stallone“
oder:
Was Remakes eigentlich bringen (sollten)

Remakes sind grundsätzlich immer erst mal interessant – wenn man das Original kennt und beide Fassungen vergleichen kann. Wir taten das mit mehreren Beispielen und sahen uns Verbeugungen, Umgewichtungen und Gegenentwürfe an und interessierten uns an diesem Abend speziell für die
damit einhergehenden unterschiedlichen Besetzungen der Figuren.

ANFÄNGE SALON

„Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“
oder:
Anfänge

Die ersten Szenen ob sie nun den Anfang beinhalten oder nicht – gehören oft zu den wichtigsten und spannendsten des ganzen Films; Ästhetik und „Tonfall“ werden dem Publikum hier vorgestellt und zentrale Figuren und ihre charakteristischen Züge werden eingeführt. Wir betrachteten, analysierten und verglichen die Anfangssequenzen unterschiedlichster Kinoproduktionen.

KING KONG SALON

„The King is dead. Long live the King!“
oder:
Ein Abend mit King Kong

Jede Generation hat ihren King Kong. Die drei Verfilmungen von 1933, 1976 und 2005 spannen über 70 Jahre Filmgeschichte auf. Erzählerische, ästhetische und technische Entwicklungen von den Anfängen des Tonfilms bis zum heutigen Blockbuster-Kino wurden in diesem zweistündigen Seminar beleuchtet.